Fachbeitrag

Power Purchase Agreements (PPA)

Investitionsbeiträge werden bei der Kleinwasserkraft nur für Projekte ab einer bestimmten Mindestleistung (300 kW / 1 MW) gewährt und die Minimalvergütung, welche gemäss neuem Energiegesetz ab 2026 zur Anwendung kommt, beschränkt sich auf Anlagen bis zu 150 kW. Im Leistungsbereich dazwischen gibt es zwar einige Ausnahmeregelungen, in der Regel müssen solche Anlagen aber ohne Förderung auskommen. Umso wichtiger ist es, alternative Vermarktungsmöglichkeiten am Strommarkt zu kennen und optimal zu nutzen. In diesem Artikel gehen wir auf die Möglichkeiten des langfristigen physischen Verkaufs – besser bekannt unter dem englischen Begriff «Power Purchase Agreements» (PPA) ein.

Mit dem neuen «Stromgesetz» werden die Energieversorgungsunternehmen (EVU) verpflichtet, längerfristige Beschaffungsstrategien zu verfolgen. Damit sollen sie in die Lage versetzt werden, ihren Grundversorgungsauftrag jederzeit in der erforderlichen Menge, Qualität und zu angemessenen Tarifen zu erfüllen. Es ist zu erwarten, dass die Nachfrage nach langfristigen Bezugsverträgen insbesondere bei EVU mit geringer Eigenerzeugung steigen wird.

Beim langfristig physischen Verkauf wird die Produktion direkt an einen Abnehmer verkauft. Dieser wiederum kann auch nur als Händler auftreten und die Produktion weiter vermarkten. Die Laufzeit kann von wenigen Jahren bis zu 15 oder 20 Jahren festgelegt werden. Darüber hinaus müssen Lieferprofile vereinbart werden, in denen Menge, Preise und Zeitpunkt des Transfers festgelegt sind. Diese Profile können je nach Bedürfnis der Produzenten oder der Abnehmer nach unterschiedlichen Kriterien definiert werden:

  • Fixes Volumen, in einem vordefinierten zeitlichen Profil, bspw. auf stündlicher Basis. Kann der Produzent diese Menge nicht selbst liefern, muss er Strom zukaufen, um das Lieferprofil einhalten zu können. Je nach Situation auf dem Strommarkt kann dies ein erhebliches Risiko darstellen.
  • Fixes Volumen über eine gewisse Periode (monatlich, Quartal, jährlich). Das Risiko auf Erzeugerseite wird dadurch etwas reduziert.
  • Variables Volumen «pay as produced», d.h. die gesamte oder ein Teil der effektiven Produktion wird zu einem im Voraus festgelegten Preis an den Abnehmer verkauft.

Die Verrechnung der gelieferten Produktion erfolgt über eine Bilanzgruppe, welche entweder der Abnehmer oder der Stromhändler bereitstellen muss.

Aus Sicht von Kleinproduzenten sind Lieferprofile zu bevorzugen, die dem Produktionsprofil mit variablem Volumen entsprechen («pay as produced»). Damit dürfte zwar die Vergütung tiefer ausfallen, es kann aber vermieden werden, dass der Produzent allenfalls kurzfristig selbst Strom beschaffen und weiterverkaufen muss. Mit der klaren Regelung, an wen die gesamte produzierte Strommenge verkauft wird, gibt es keine Überschüsse mehr. Der Vermarktungs- und Verwaltungsaufwand auf der Erzeugerseite kann dadurch reduziert werden und verursacht somit weniger Kosten. Für den Abnehmer liegt der Vorteil in einer langfristigen Preissicherheit und damit einer geringeren Abhängigkeit von Strompreisschwankungen.

Langfristig virtueller Verkauf (financial, synthetic oder virtual PPA)

Beim virtuellen Verkauf findet weder eine physische, noch eine buchhalterische Lieferung statt. Es handelt sich um eine rein finanzielle Vereinbarung eines Strompreises zwischen Erzeuger und Verbraucher. Der Strompreis kann dabei zeitlich oder saisonal unterschiedlich definiert werden. Der Erzeuger sichert sich damit gegen fallende Marktpreise ab, der Verbraucher gegen steigende Marktpreise.

Die Differenz zwischen dem tatsächlichen Spotmarktpreis (oder einem anderen Referenzpreis) und dem vereinbarten Preis wird zwischen den Parteien durch eine Zahlung ausgeglichen. Die Ausgleichszahlungen erfolgen zusätzlich zu den bestehenden Energieliefer- bzw. Energiebezugsverträgen, wobei die Inanspruchnahme eines Dienstleisters naheliegt.

Synthetic PPA wären aufgrund ihrer Einfachheit für Produzenten, Konsumenten und Handel attraktiv. Da sie aus Sicht der Finanzmarktregulierung als Derivate gelten und damit der FINMA unterstehen, wäre ihre Umsetzung mit einem sehr hohen administrativen Aufwand verbunden. Swiss Small Hydro setzt sich dafür ein, dass dieser Aufwand reduziert werden kann, damit ein neues, sehr flexibles Instrument zur Vermarktung der Stromproduktion sein Potenzial entfalten kann. Konkret erfolgt dies im Rahmen der anstehenden Revision des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes (FinfraG) und des kommenden Bundesgesetzes über die Aufsicht und Transparenz im Energiegrosshandel (BATE).

Sichtweise Kleinwasserkraft

Die in letzter Zeit stark schwankenden Strommarktpreise haben die Bereitschaft zur Vermarktung von Strom über PPA vor allem bei den Stromhändlern, aber auch bei den potenziellen Abnehmern stark ansteigen lassen. Mit dem neuen Energiegesetz dürfte sich dieser Trend noch verstärken, und es wird um so wichtiger, die Produktionsseite mit ins Boot zu holen.

Natürlich unterscheiden sich die Preisvorstellungen von Produzenten und Abnehmern, da beide Seiten einen gewissen Gewinn erwarten. Die Differenz bewegt sich aber oft im Bereich von wenigen Rappen pro Kilowattstunde, wobei die Differenz bei längeren Laufzeiten aufgrund der Risiken grösser wird.

Bei Neuanlagen liegt die Wirtschaftlichkeit (und damit die Realisierbarkeit) eines Projektes im Interesse beider Parteien. Eine Preisfindung ist möglich, wenn beide Parteien frühzeitig und offen miteinander sprechen.

Ein PPA ist (bisher) immer eine spezifische Vereinbarung, deren Ausarbeitung einen gewissen Aufwand erfordert. Um diesen Aufwand pro Kilowattstunde gering zu halten, muss möglichst viel Produktion in das PPA integriert werden. Bei kleineren Kraftwerken gelingt dies, wenn sich mehrere Betreiber zusammenschliessen und die Produktion gemeinsam aushandeln. Dies wird als «Pooling» oder «Bundling» bezeichnet. Einige Händler haben dies bereits selbst vorbereitet und ermöglichen so auch kleineren Kraftwerken einen niederschwelligen Einstieg in den «Pool».

Der Direktverkauf ab Kraftwerk an Grossverbraucher dürfte hingegen auch in naher Zukunft schwierig bleiben. Einerseits sind diese auf günstige Strompreise angewiesen und verlassen sich deshalb auf ihren bisherigen Stromhändler. Andererseits bestehen sowohl auf Produzenten- als auch auf Konsumentenseite Ausfallrisiken, die durch kurzfristige Beschaffungen abgefedert werden müssten. Swiss Small Hydro empfiehlt deshalb, sich grundsätzlich an einen spezialisierten Stromhändler zu wenden.

Schlussbericht

Der eingangs erwähnte Bericht geht ausführlich auf das Thema ein und kann auf der Website von Swiss Small Hydro heruntergeladen werden. Er enthält auch eine Übersicht der bestehenden Vergütungsmodelle der Kleinwasserkraft seit den 1990er Jahren und Erkenntnisse aus dem Versuch eines «Matchmakings» zwischen Produzentinnen und Vermarktern.

Vermarktung für Elektrizität aus Kleinwasserkraftwerken mittels Power Purchase Agreements (PPA)», EnergieSchweiz / Swiss Small Hydro, Titelbild des Schlussberichts vom 2. September 2024.